"Wer sich seiner Geschichte nicht erinnert, ist verurteilt sie zu wiederholen."
Diese viel zitierte Erkenntnis des spanisch-amerikanischen Philosophen und Schriftstellers George Santayana, zu lesen im Stammlager Auschwitz, hat die junge Schülergruppe unserer ersten Reise 1992 dorthin sehr beeindruckt.
Wirklich erfasst haben sie Sinn und Auftrag dieser Mahnung vor allem durch Begegnungen und Gespräche mit überlebenden Zeitzeugen des rassistischen und kriegerischen Vernichtungsprogramms der deutschen Nazis in Europa 1933 - 1945. Alle Überlebenden haben den Jugendlichen dringend ans Herz gelegt, ihre Schicksale und Geschichten weiter zu erzählen, damit die Erinnerung an dieses gesellschaftspolitisch mörderische „Experiment“, vor allem in unserem Land, nicht aus dem individuellen und kollektiven Gedächtnis falle. Unsere Film-Dokumentation von 1992 „Andenken – Eine Reise nach Auschwitz“ versteht sich als ein Beitrag von jugendlichen "Zweitzeugen" – eben mit damals noch lebenden Zeitzeugen.
Das kann besonders gelingen durch Spurensuche vor Ort, vor unserer Haustür, um auch den Alltag der damaligen Geschichte lebendig werden zu lassen. Sie kann geeignet sein, einer besorgniserregenden Tendenz zur Geschichtsumdeutung, die nicht nur in den Medien, sondern auch in politischen Kreisen und Zirkeln bis in Familien hinein um sich greift, entgegen zu wirken.
Das meint insbesondere
- die Personalisierung der Schuldfrage einzig auf Adolf Hitler,
- die Dämonisierung der NS-Führungsclique als Wahnsinnige und Verbrecher, die Deutschland in den Weltkrieg rissen,
- die Reduzierung der Täter in den KZs auf Rassisten und Sadisten und
- die Deutschen als Verführte und Opfer, die von „nichts“ gewusst haben.
Seit über 30 Jahren haben wir Zeitzeugen in unserer Nähe, aber auch im weiteren Umkreis, zum Erzählen ihrer persönlichen Erlebnisse und Geschichte während der NS-Diktatur bewegen können und filmisch aufgezeichnet.
Dabei kommen Angehörige von möglichst vielen der verfolgten Menschengruppen zu Wort, auch nach Deutschland verschleppte Zwangsarbeiter. Wir haben aber auch filmische Dokumente auf die Website gestellt von denjenigen, die ihre Jugend als Mitglieder in der arisch-deutschen Volksgemeinschaft erlebten.
Im Bewusstsein darüber, dass es in Kürze keine unmittelbaren Zeitzeugen mehr geben wird, haben wir seit längerem damit begonnen, auch die Erinnerung von Nachfahren der Überlebenden, also der Zweitzeugen, im Film festzuhalten. Sie haben ihre eigene besondere Geschichte erlebt und bringen sie sehr wohl zum Ausdruck.
Berichte und Erinnerungen der Zeitzeugen wie auch der Zweitzeugen sind naturgemäß subjektiv und mögen im Laufe der Jahre bisweilen „getrübt“ sein, wir konfrontieren sie nicht mit historischem Quellenmaterial – das sei dem Nutzer dieser Seite überlassen.
Unter „Wissen“ videografieren wir Gespräche, öffentliche Vorträge, auch Führungen durch Ausstellungen mit Wissenschaftler*innen, Historiker*innen und anderen Expert*innen, die sich mit besonderen Aspekten und Akteuren der NS-Geschichte beschäftigt haben. Ihre Erkenntnisse und ihr aufklärendes Anliegen wirken bis in unsere Gegenwart.
Zuletzt haben historische Daten und Orte der Erinnerung ihren Platz in unserer Dokumentation.
Wissen und Erinnerung sind nicht Selbstzweck, sondern Mahnung und Warnung aufmerksam zu sein gegen rassistische Tendenzen, die die Grundlagen unserer gegenwärtigen Gesellschaft angreifen.
Die jungen Menschen erkennen so eher, dass und warum sie unsere Werte wie Freiheit, Gleichheit, Solidarität und Menschenwürde verteidigen wollen gegen antidemokratische, gar gewalttätige Angriffe von religiösen und neonazistischen Fanatikern und Gruppen.
Neuester Beitrag:
Elisabeth Stratmann war in den Kreis der Vertrauensleute der Bekennenden Kirche eingebunden und dadurch besser informiert als der damalige Durchschnitt der Bevölkerung. Sie berichtete uns im Jahre 1990 von politischen und gesellschaftlichen Veränderungen am Ende der Weimarer Republik und nach der Machtergreifung der Nazis im Januar 1933. Ihr Mann Wilhelm war Hilfsprediger in der Christus-Gemeinde in Recklinghausen, wo er von der Kanzel aus Kritik an den Nazis formulierte und dafür abgestraft werden sollte. Zur Veranstaltung
Letzter Beitrag:
„Um 8 Jahre meiner besten Zeit betrogen“, so formuliert Günter Krüger sein Resümee. Zwar konnte seine Mutter verhindern, dass er zur Waffen-SS eingezogen wurde, doch er sollte im Russland-Feldzug in der Wehrmacht kämpfen, die bereits auf dem Rückzug war. So schloss sich schnell seine Kriegsgefangenschaft in Russland im Sommer 1944 an, die bis 1949 dauern sollte - von den 1500 Mann, die in Güterwaggons nach Tiflis gebracht wurden, kehrten ganze 42 in die Heimat zurück. Das überlebende Häuflein lässt erahnen, wie schlecht Umstände, Verpflegung und harte Arbeit gewesen sein müssen. Zum Beitrag
In Vorbereitung:
Ein Geburtstags-Fest der besonderen Art wurde 2024 in Bochum gefeiert, denn die wohl älteste Überlebende der jüdischen Gemeinde Bochum wurde 100 Jahre alt: Elizabeth Petuchowski, geborene Mayer. In der Pogromnacht wurden Elisabeth und ihre Mutter geweckt: Holz splitterte, Glas zerbrach, jedoch es waren keine Einbrecher, wie sie zunächst dachten, sondern organisierte SA-Horden, die in der Eingangshalle wüteten. Ein Fass mit Benzin, das ihnen als Brand-Beschleuniger beim Anstecken des Hauses dienen sollte, wurde bereits die Treppe heraufgerollt…
Es ist nicht immer einfach, öffentlich „Nein“ zu sagen – unter Bedingungen einer Diktatur sogar lebensgefährlich. Wir möchten mit unserem Projekt dazu ermuntern, in „guten Zeiten“ zu lernen, „Nein“ zu sagen, wie Eugen Kogon, überlebender Buchenwald-Häftling allen ans Herz gelegt hat. Mögen wir niemals vor der „Wahl“ stehen, Täter oder Opfer zu werden.
Das bleibt Aufforderung und Programm unserer Arbeit und dieser Website.
Dazu setzen wir folgende Schwerpunkte:
- Wir wollen, in Fortsetzung unserer bisherigen Arbeit und, soweit Zeit bleibt, Schicksal und Erfahrungen weiterer Zeitzeugen aus unserer Region und darüber hinaus filmisch aufzeichnen und veröffentlichen.
- Wir wollen Beiträge aus der Nachkriegszeit über den offiziellen und institutionellen, wie auch wissenschaftlichen Umgang mit der NS-Zeit, den Opfern, aber ebenso den Tätern dokumentieren, soweit sich das in unserer Region, aber auch darüber hinaus, erforschen und nachzeichnen lässt.
- Wir wollen besondere Erinnerungen an Gedenktage und Gedenkorte dokumentieren.
- Wir wollen junge Menschen ermuntern, sich mit der NS-Zeit vor ihrer Haustür zu beschäftigen und die Ergebnisse festzuhalten. Für diese jungen Forscher*innen ist es Chance und gleichermaßen Herausforderung, eigene Ausdrucksformen des Erinnerns als Mahnung zu entwickeln im Engagement für eine menschenwürdige Zukunft.