Jugend in der Diktatur

Diese Seite dokumentiert Zeitzeugen, die ihre Jugend als Mitglieder der sog. arisch - deutschen Volksgemeinschaft erlebten. Dass diese Gruppe keineswegs homogen war, liest man aus den durchaus unterschiedlichen Schicksalen, Erfahrungen und Erkenntnissen.

Gerhard Laue

Der Fähnlein-Führer hat bestimmt, wann wir nach Hause durften! Gerhard Laue wurde in eine normale Familie geboren. Der Großvater brachte innerhalb der Familie Kritik an Hitler vor, teils übel schimpfend. Nach anfänglicher Begeisterung für die Hitler-Jugend setzte ein Nachdenken ein und als Schüler der Erfurter Handelsschule gründen 15- bis 16-Jährige eine Widerstandsgruppe, hören „Feindsender“, schreiben Flugblätter, wollen weitere Mitstreiter, auch überregional, gewinnen. Dabei flog die Gruppe auf, nur ihre Jugend bewahrte sie vor der Todesstrafe.

Berthold Eckhard

Prisoner of War: Kriegsgefangener in den USA, später dann in England – verglichen mit einer Kriegsgefangenschaft in Russland oder in Frankreich war es dort ein Spaziergang, zumindest bestätigt Berthold Eckhard, dass die Amerikaner die Bestimmungen der Genfer Konvention eingehalten haben und er gut behandelt worden war, bei leichter (Zwangs-) Arbeit und reichlich Nahrung. Sehr gefährlich war der ungeordnete Rückzug aus Frankreich: Wir haben nicht gemerkt, dass uns die Amerikaner bereits überholt hatten! Wir fuhren ahnungslos in eine keilförmig angelegte Falle!

Hans von Frankenberg

Bevor wir gelernt hatten zu küssen, lehrte man uns das Töten-Müssen
„Es ist alles in meinem Kopf und im Gefühl“, sagt der heute 88jährige Hans von Frankenberg. Und die Erinnerungen an seine „Odyssee“ in Deutschland 1940 bis 1945 werden besonders aktiviert bei seiner „Rückkehr“ in seine alte Schule in Mülheim/Ruhr, wo er Schüler*innen der 9. Klassen aus seinen Lebenserinnerungen liest.

Frau Köster und Frau Wilmert

„Hunger! Wir haben gehungert! Ich hab nicht gewusst, wie meine Zukunft sein wird“, erinnert sich Frau Köster an die unmittelbare Nachkriegszeit 1945/46 in Recklinghausen, da war sie 15 Jahre alt. Sie stellt sich zusammen mit der 4 Jahre älteren Frau Wilmert den Fragen von Paula und Victoria, zwei jungen Schülerinnen des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Recklinghausen-Süd über ihre Schule und Jugend während der NS-Zeit, ihre Begegnungen mit jüdischen Einwohnern der Stadt, die Kriegszeit  und die unmittelbare Nachkriegszeit.

Lutz Rackow

Radio und Film, Kino – das war absolutes Neuland für uns!
Lutz Rackow, Jahrgang 1932, berichtet, wie er als Kind und Heranwachsender in Berlin-Friedrichshagen am Müggelsee, weit draußen südöstlich vom Zentrum Berlins, die Zeit im Nationalsozialismus erlebte, soweit er sich an erste Kindheitserlebnisse erinnern kann. Der Vater war selbständiger Architekt, man lebte im zufriedenen Mittelstand und diskutierte offen und kontrovers die „neue Zeit“ unter den Nazis – als interessierter Junge saß Lutz Rackow unter dem Wohnzimmertisch und belauschte die Erwachsenen.

Johannes Suttrup

Johannes Suttrup – fast ein ganzes Jahrhundert  Zeitgeschichte!
„Ich war Chauffeur in Uniform, ohne Waffe“

Johannes Suttrup, Jahrgang 1921, berichtet im ersten Filmteil über seine Jugend in der NS-Zeit und wie er durch Glück und Geschick als Fahrer in der Wehrmacht den 2. Weltkrieg überstand. Sehr anschaulich schildert er die teils ärmlichen Lebensumstände, besonders auf dem Lande. Seine Familie war durch ihren katholischen Glauben und die Verwurzelung im bäuerlich geprägten Münsterland wenig anfällig für nationalsozialistische Versprechungen.

Helga Cent-Velden

Nichts davon ist erfunden
Helga Cent-Velden, 1926 geboren, ist 2019 bei unserem Gespräch 93 Jahre alt, fast blind – aber ihre Erinnerungen an die NS-Zeit sind bis heute glasklar, ihr Geist ist rege und wach. Bei der Machtübernahme 1933 ist sie zwar erst 6 Jahre alt, aber sie merkt, dass das Elternhaus nicht im Gleichschritt mit den neuen Machthabern geht; sie selber möchte auch nicht im „Bund Deutscher Mädel“ mitmachen.

Edith Badstübner

„Marschbefehl nach Verona, und ich glaube, da hat mein Vater dran gedreht“
Edith Badstübner wurde 1925 geboren, ihr Vater ist Militär bereits im ersten Weltkrieg, die Familie wohnt dann in der Garnisonstadt Jüterbog südlich von Berlin. Dort dreht sich frühzeitig vieles um die entstehende Luftfahrt und als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernehmen, beginnt für den Vater eine Karriere im Reichsluftfahrtministerium in Berlin. Dies ermöglicht der Familie ein sorgenfreies Leben, besonders gegen  Ende des Krieges. Jetzt geht es nämlich darum:

Heinrich Haverbeck

„Es war ja alles eigentlich ganz nett“ – erinnert sich der 90jährige Heinrich Haverbeck an seine Zeit im Jungvolk und der Hitlerjugend.

Er wuchs als Sohn eines katholischen Müllers während der nationalsozialistischen Diktatur in Castrop-Rauxel auf. In der Schule bemerkte er eine stetige Veränderung: Der Religionsunterricht wurde durch Rassenlehre ersetzt, und statt zur Schule zu gehen, gab es samstags (bis 1936) Dienst im Jungvolk, “wie eine vormilitärische Einheit“.

Hans Dienberg

„Ich muss noch härter werden gegen mich selbst“ – das zitierte der am 1. Januar 1930 Geborene aus einem Lehrergutachten, das er als ausgewählter Schüler der Adolf-Hitler-Schule in Blankenhain bei Weimar erhalten hat.

Wir haben aus dem mehrstündigen Interview mit Hans Dienberg besonders die Passagen über seine Jugend auf dieser Schule für die damals zukünftige Elite in Partei und Staat zusammengestellt.

Margret Klopries

„Das war der Geist der Schule“, so charakterisierte die 92jährige Margret Klopries ihre Lernerfahrungen in der NS-Zeit, als sie uns aus ihren eigenen Schulaufsätzen vorlas.

Außerdem berichtete sie uns, wie ihre katholische Familie mit der „neuen“ Zeit umging.